Chemische Detektive im Laboreinsatz
Oberpfälzer Ringvorlesung stellt Forschungscluster IMCA vor
Was haben wasserabweisende Outdoor-Jacke, eine beschichtete Bratpfanne und Feuerlöschschaum gemeinsam? Alle enthalten per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen, abgekürzt: PFAS. Der Einsatz dieser Substanzen wird von der Europäischen Union geregelt. Und was das wiederum mit angewandter Forschung zu tun hat, erklärte eine Oberpfälzer Ringvorlesung am Amberger Campus der OTH Amberg-Weiden.
Prof. Dr. Peter Kurzweil lehrt Chemie, Umweltanalytik und Brennstoffzellentechnik an der OTH Amberg-Weiden. Wenn er keine wissenschaftlichen Standardwerke verfasst, widmet er sich besonders gern der angewandten Forschung. Also einer Forschung, die weniger Grundlagenwissen ermittelt, als vielmehr konkrete Probleme von Unternehmen oder des Alltags löst. Zusammen mit Kolleginnen und Kollegen der OTH Regensburg bildet er das Forschungscluster IMCA – Intelligente Mikrostrukturen und Chemische Analyse. Anlässlich des zehnjährigen Bestehens des OTH-Verbundes stellte er diese Arbeit der Öffentlichkeit vor. Es ging um die chemische Analytik von Problemstoffen, also um die Frage, wie man herausfindet, welche Stoffe in einem Gegenstand enthalten sind und ob davon eine gesundheitliche Gefahr ausgeht.
Denn genau das ist bei den PFAS der Fall. Seit etwa 20 Jahren haben Untersuchungen gezeigt, dass per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen in der Umwelt, in Nahrungsmitteln und sogar im menschlichen Körper nachgewiesen werden können. Das ist ein bedenklicher Befund. Das liegt an ihren Eigenschaften: Fluorpolymere sind wasser-, fett- und schmutzabweisend, sehr haltbar und sie brennen nicht. Deswegen benutzt man sie, um Feuerlöschschäume, Farben, Pflanzenschutzmittel, Lebensmittelverpackungen, Textilien (insbesondere besonders beliebte Sport- und Outdoor-Klamotten) und auch medizinische Werkzeuge herzustellen. Deswegen reguliert die EU den Einsatz von PFAS streng und wird in Kürze noch viel strengere Vorschriften erlassen.
Gut so, findet Peter Kurzweil. Das Problem ist allerdings herauszufinden, wie viel der toxischen Materialien in einer Sache drinsteckt. „Hier kommen die Analytik-Labore der Hochschule ins Spiel“, erklärt der Wissenschaftler. Dank verschiedenster Methoden und modernsten Geräten bleiben seinem Team keine Stoffe verborgen. Dabei nähern sich die Chemiker ihren Untersuchungen manchmal wie Detektive, Schritt für Schritt finden sie die Wahrheit heraus, überprüfen Hypothesen und schließen falsche „Verdächtige“ aus. „Einmal kam ein Unternehmen und brachte uns eine Goldplatine, die nicht funktionierte, wie sie sollte“, erzählte Kurzweil aus der Praxis. Wichtig war natürlich, den Grund für die Funktionsstörung herauszufinden, eine Verunreinigung. „Aber ebenso wichtig war es natürlich festzustellen, wer der Verursacher des Fehlers war: der Zulieferbetrieb oder das weiterverarbeitende Unternehmen.“ Denn daran, so Kurzweil, hingen zum Teil erhebliche Schadensersatzansprüche.
Neben dem durchaus spannenden „Alltagsgeschäft“ befassen sich Kurzweil und seine Kolleginnen und Kollegen mit der Entwicklung intelligenter pH-Sensoren und neuer Materialien für Energiespeicher. „Wir erforschen, wie Superkondensatoren und Lithiumionen-Batterien eine längere Lebensdauer bekommen können“, erkläre Peter Kurzweil. „Das ist ebenso ein Beitrag für die Zukunft wie unsere Arbeit an der Brennstoffzellentechnik.“ Nach seinem Vortrag lud der Forscher die Zuhörerinnen und Zuhörer zu einer Führung durch die Labore ein.