Medizintechnik: Exkursion zum Forschungsreaktor in Garching
Medizintechnik kennt keine Grenzen: Unter diesem Motto führte Prof. Dr. Ralf Ringler (Fakultät Wirtschaftsingenieurwesen) die Studierenden der Medizintechnik an der Ostbayerischen Technischen Hochschule in Weiden aus den Semestern zwei bis sechs zu einem Besuch an den Forschungsreaktor FRM-II in Garching.
Was haben Medizintechnik und ein Forschungsreaktor gemeinsam? Antworten auf die Frage erhielten die Studierenden der Medizintechnik von Dipl.-Phys. Wagner und seinem Team auf sehr anschauliche Weise. Am Forschungsrektor in Garching kann u. a. mit Neutronen eine Tumor-Therapie für Patienten durchgeführt werden. Außerdem wird der Reaktor zur Produktion von offenen radioaktiven Stoffen für Diagnostik und Therapie in der Nuklearmedizin verwendet. Therapeutisch können bestimmte Tumorformen, die oftmals konventionell der Strahlentherapie mit Photonen und Elektronen nicht zugeführt werden können, in Garching erfolgreich behandelt werden. Hierzu kommen eigens dafür entwickelte und konstruierte Medizinprodukte zum Einsatz, die analog zu Standard-Therapieprodukten das gleiche Zertifizierungsverfahren durchlaufen müssen, bevor diese am Patienten zum Einsatz kommen. Diagnostisch kommt Tc-99m als offener Radioaktiver Stoff in der Nuklearmedizin zum Einsatz. Das Mutternuklid Mo-99 wird in weltweit fünf Reaktoren durch Neutronenbeschuss hergestellt. Seit dem Engpass der letzten Jahre, bedingt durch Wartung und Ausfall zweier Reaktoren wird auch in Deutschland fieberhaft nach weiteren Kapazitäten und Alternativen zur Produktion gesucht. Bereits erfolgreich umgesetzt ist die Isotopenproduktion anderer radioaktiver Isotope wie Lutetium das zur Schmerztherapie verwendet wird. Zudem beschäftigen sich die Wissenschaftler des Heinz Maier-Leibnitz Zentrums (MLZ), die am FRM-II arbeiten, mit der Neutronenanalytik. Der hohe Elektronenfluss der Anlage ermöglicht daher z.B. die Neutronenaktivierungsanalyse (NAA). Bei dieser elementaren analytischen Anwendung werden kleinste Spurenelementgehalte verschiedenster Materialen auf atomarer Ebene bestimmt. Durch die Aktivierung der Atome in der zu untersuchenden Materialprobe werden diese durch den Neutroneneinfang instabil und geben Gammastrahlung ab, die gemessen werden kann. Letztendlich kann aus dem entstehenden Spektrum die Elementkonzentration der Probe bestimmt werden. Der Einsatzzweck der NAA ist vielschichtig und erstreckt sich von der Analyse prähistorischer Werkzeuge bis zur Experimenten der fundamentalen Physik und versucht damit ebenso die Frage „Was die Welt im Innersten zusammenhält“ zu beantworten. Ein Blick in das Reaktorbecken von oben und die weitläufige Experimentierhalle mit langsamen Neutronen zeigte der Gruppe die weitläufigen Ausmaße der Anlage und die notwendigen Sicherheitsvorkehrungen, die zum sicheren Betrieb der Anlage unabdingbar sind.