Unternehmensethik als strategisches Führungsinstrument
Dr. Harald Bolsinger, Geschäftsführer der Initiative „Zeit für Ethik e.V.“ war 12. Januar 2011 zu Gast an der HAW in Weiden. Unter dem Titel „Mit Werten in Führung gehen - Ethik und Werteorientierung zwischen Wunsch und Wirklichkeit“ hielt er auf Einladung von Prof. Ralph Erik Hartleben einen Gastvortrag zum Thema Unternehmensethik im Fach Unternehmensführung, Studiengang Sprachen, Management und Technologie (Fakultät Wirtschaftsingenieurwesen). Dr. Bolsinger betonte zunächst, dass Werte relativ, historisch bedingt (Kulturkreis) und veränderbar sind.
Es folgte ein Überblick über die wesentlichen wissenschaftlichen Betrachtungswinkel von Werten - der ökonomisch geprägten Sicht der Betriebswirtschaft, der Sinn-fragenden Perspektive der Psychologie und der Ordnungs-fokussierten Betrachtung unter Aspekten der Spiritualität. Insbesondere die Spiritualität sei nach den Erfahrungen von Dr. Bolsinger im Unternehmenskontext bisher kaum fundiert erforscht bzw. einer systematischen Betrachtung unterzogen. Dabei ist es unabhängig, um welche spirituelle Kulturbasis es gehe, entscheidend sei, dass jede Wertebetrachtung kulturell abhängig erfolgen muss und daher auch kulturell bedingt ganz unterschiedliche Wertesysteme die Folge sind. Eine generell gültig und vollständig definierte Werteliste gibt es daher nicht, so Dr. Bolsinger.
Mittlerweile unstrittig und empirisch belegt ist, dass Werteorientierung in Unternehmen üblicherweise zu erhöhter Sinnstiftung für die Mitarbeiter führt und damit deren Zufriedenheit mit ihrem Arbeitgeber, ihre intrinsische Motivation und ihre Leistungsbereitschaft signifikant erhöht. So ist die Eigenkapitalrendite von Unternehmen mit hoher Mitarbeiterzufriedenheit durchschnittlich rund 11 % höher als von anderen Unternehmen. Werteorientierung kann sich also auch pekuniär durchaus sehr lohnen. Die These ist, dass in Zukunft nachhaltig erfolgreiche Unternehmen sich auch durch eine überdurchschnittliche Werteorientierung und ethisches Verhalten seiner Mitarbeiter auszeichnen und im Wettbewerb profilieren müssen. Dazu ist eine hinreichende Überlappung der individuellen Werte und Überzeugungen von Mitarbeitern mit dem Wertesystem des Unternehmens erforderlich (jedoch keine Kongruenz, diese wäre infolge fehlender konstruktiver Reibung innovationshemmend). Gibt es diesen gemeinsamen Werteraum nicht, dürfte für beide Seiten eine Trennung meistens sinnstiftend sein.
Dr. Bolsinger belegte die Erfolgsrelevanz von Werteorientierung auch mit Praxisbeispielen. So führte bei einem Unternehmen des Finanzsektors das Ersetzen konventioneller monetärer Zielvereinbarungen (Umsatz, EBIT) durch Werte-orientierte Ziele (nachhaltige Kundenzufriedenheit) zu einer nachhaltig verfolgten Strategie mit gutem Geschäftserfolg. Die im Anschluss an den Vortrag von Dr. Bolsinger seitens der Studierenden ausgesprochen lebhaft geführte Diskussion zeigte nicht nur das hohe Interesse am Thema, sondern ist auch Beleg für die hohe Aktualität der Themen Ethik, Werte und nachhaltige Unternehmensführung.