Virtuelle KWK: zwei erfolgreiche Staffeln beendet, weitere Veranstaltungen bereits in Planung
Mit der Reihe „Virtuelle KWK“ haben das Kompetenzzentrum für Kraft-Wärme-Kopplung (KoKWK) der OTH Amberg-Weiden und Bayern Innovativ eine äußerst erfolgreiche Veranstaltungsreihe ins Leben gerufen. Bei den monatlichen Online-Veranstaltungen wurden jeweils unterschiedliche Aspekte rund um die Kraft-Wärme-Kopplung (KWK), angrenzende Technologien und Sektorenkopplung betrachtet. Besonderes Highlight waren dabei die 360 Grad Besichtigungen ausgewählter KWK-Anlagen, die den Teilnehmenden einen eindrucksvollen Einblick in die Praxis vermittelten.
Flankiert wurden die Besichtigungen von Fachvorträgen, die je nach Themenschwerpunkt technische, planerische und rechtliche Fragestellungen beleuchteten. Abgerundet mit Podiumsdiskussionen, stieß das interaktive Format auf sehr großes Interesse bei den Gästen. Und so wurde nach einer erfolgreichen ersten Staffel direkt eine zweite Staffel umgesetzt, die erst kürzlich zu Ende ging. Aktuell laufen bereits die Planungen für weitere virtuelle Veranstaltungsformate im Rahmen des KoKWK.
Abwärme effizient nutzen
Bei der vorerst letzten Veranstaltung Ende April, ging es um die industrielle Abwärmeverstromung, die ein sehr großes, zum Teil noch ungenutztes, Potential für die nachhaltige Stromerzeugung aufweist. Florian Heberle, Geschäftsführer des Zentrums für Energietechnik (ZET) der Universität Bayreuth, stellte zunächst zwei der bekannteren und meistgenutzten Verfahren vor: das Organic-Rankine-Cycle-Verfahren (ORC) und die Clausius-Rankine-Cycle-Technik (CRC).
Die ORC-Technik wird bereits seit rund 20 Jahren eingesetzt. Dabei wird ein spezielles Fluid zunächst durch Druckerhöhung aufgeheizt, bevor es verdampft und in einer Turbine verstromt wird. Neben der Abwärmenutzung kommt dieses Verfahren auch bei Biomasse- oder Geothermieanlagen zum Einsatz. Die CRC-Technik, die Wasser als Arbeitsmedium nutzt, wird hingegen bei höheren Temperaturen der Abwärmequelle (rund 400° C) genutzt, zum Beispiel bei großen Turbinen. Beide Verfahren haben ihre Vor- und Nachteile im Einsatz und bieten noch Potential für eine effizientere Nutzung und höhere Flexibilität.
Effiziente und smarte Turbine
Prof. Dr.-Ing. Andreas Weiß von der OTH Amberg-Weiden stellte im Anschluss ein Forschungsprojekt vor, das genau dieses voll ausschöpfen und sowohl die Flexibilität als auch die Effizienz steigern könnte. Bei dem Gemeinschaftsprojekt „TurboSmart“ mit der Universität Bayreuth und dem Unternehmen DEPRAG soll durch eine Mikroexpansionsturbine die Flexibilität bei der Abwärmenutzung verbessert und die Energieausbeute bei der Rückverstromung um ca. 20 Prozent gesteigert werden. Möglich wird dies durch eine sich selbsteinstellende Turbine mit variabler Geometrie, die sich selbstständig an veränderte Betriebsbedingungen anpassen kann. So könnten bestehende Anlagen, z. B. in Industrie und Blockheizkraftwerken (BHKW) wirtschaftlicher betrieben werden und auch bisher noch als unwirtschaftlich betrachtete Projekte zur Stromerzeugung genutzt werden.
Getestet werden soll die Turbine an der bestehenden ORC-Anlage am Campus der Universität Bayreuth. Diese stellte Tobias Popp, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Universität Bayreuth beim 360°-Rundgang vor und erläuterte dabei zugleich die Besonderheiten der Anlage wie des Projekts.
Außerdem stellten zwei Anbieter ihre modularen Lösungen vor, die bereits heute als Standardlösungen erhältlich sind. Die Orcan Energy bietet kompakte ORC-Module an, die sich zur Stromerzeugung in Fabriken, BHKWs oder anderen Industrieprozessen einsetzen lassen. Die Module der AWN GmbH nutzen hingegen die CRC-Technik und eignen sich besonders für die Abgasnachverstromung von Biogasanlagen.
Kraft-Wärme-Kälte Kopplung
Im Fokus der zweiten Veranstaltung stand die nachhaltige Prozessenergiebereitstellung durch Kraft-Wärme-Kälte Kopplung (KWKK). Mittels KWKK lassen sich Energieträger mit am effektivsten für die Prozessenergiebereitstellung nutzen, welche im Rahmen von Decarbonisierungsstrategien immer relevanter wird.
Zunächst erhielten die interessierten Teilnehmenden beim virtuellen 360°-Rundgang durch die Dampferzeugungsanlage der Andechser Molkerei einen anschaulichen Einblick in die Möglichkeiten der Prozessenergiebereitstellung. Die Molkerei setzt für die Erweiterung der Energieversorgung eine erdgasbetriebene KWK-Anlage mit Nutzung der Niedertemperatur-Abwärme in einer Absorptionskälteanlage ein. Diese wurde von der Zeitschrift Energie & Management zum „BHKW des Monats“ März 2021 ausgezeichnet.
Nach dem virtuellen Rundgang folgten Fachvorträge zu Druckluftheizkraftwerken, Prozess-Energieversorgung mit Biomasse und zu Wärmetransformatoren und Hochtemperatur-Wärmepumpen.
Wasserstoff und Power-to-Gas
Beim Auftakt der 2. Staffel drehte sich alles um Wasserstoff. Die Veranstaltung „Wasserstoff in der Bayerischen Energiewirtschaft – Best Practice, Förderung, Ausblick“ vermittelte einen Rundum-Einblick in die Power-to-Gas-Anlage mit Wasserstoff-BHKW des Stadtwerks Haßfurt (Transferprojekt mit dem KoKWK).
Neben dem 360°-Rundgang durch die Anlage des Stadtwerks Haßfurt standen äußerst informative Vorträge zu strategischen und politischen Plänen rund um Wasserstoff, über aktuelle Förderprogramme und Unterstützungsleistungen sowie zum Handlungsbedarf für Unternehmen und den Anforderungen im Kontext der H2 Strategien auf dem Programm. Außerdem erhielten die über 70 Teilnehmenden einen Überblick der Wasserstoffinfrastruktur in Bayern und zur Strategie und Förderung des Bundes und des Freistaats.
Erfolgreiche erste Staffel
In der ersten Staffel ging es rund um die Themen „KWK in der Objektversorgung“, „Innovative KWK Systeme – Flexibilisierung mit Wärmespeichern“ und „Areal- und Quartiersversorgung: intelligente Einbindung erneuerbarer Energien“. Auch in der ersten Staffel standen virtuelle Besichtigungen auf dem Programm. So wurde die Heizzentrale des Bads „Badylons“ in Freilassing, die Heizzentrale am Uni Campus Bayreuth und das BHKW der katholischen Jugendfürsorge in Regensburg besichtigt.
Weitere Veranstaltungen bereits in Planung
Das virtuelle Veranstaltungsformat bietet eine gute Gelegenheit, um sich trotz der derzeitigen Einschränkungen auszutauschen, zu vernetzen sowie zu informieren und ist dabei zugleich besonders örtlich ausgesprochen flexibel. So erstaunt es kaum, dass sich das Format ausgesprochen großer Beliebtheit erfreute und das KoKWK zusammen mit Bayern Innovativ bereits weitere Veranstaltungen planen. Diese jedoch in abgewandelter Form, ausgerichtet als Ergänzung zu den hoffentlich bald auch wieder stattfindenden Präsenzveranstaltungen.