Bundespräsident würdigt Forschung für umweltverträgliche Wasserkreisläufe
Gerade einmal 5 Prozent des Niederschlags verdunstet. Nur weitere 5 Prozent versickern. Der Grundwasserspiegel sinkt. 80 Prozent der Abwässer sind verschmutzt. Große Mengen an Trinkwasser müssen importiert werden. Diese Fakten gelten heute für unsere industrialisierten Großstädte und zeigen große Probleme im heutigen Wasserkreislauf auf. Deshalb forschte die OTH Amberg-Weiden zusammen mit der Hochschule für Technik (HFT) Stuttgart im Projekt Pro.La Fellbach eineinhalb Jahre lang an Maßnahmen für die wassersensible Stadt der Zukunft. Eine Arbeit, die sogar den Bundespräsidenten aufmerksam werden ließ.
Landwirtschafts- und Gewerbeflächen machen zusammen mehr als die Hälfte der Fläche Deutschlands aus. Sie tragen kaum zum Klimaschutz bei, sind aber durch Starkregen, Bodenerosion und Hitze-Hotspots extrem vom Klimawandel betroffen. „Der Wasserkreislauf muss hier dringend optimiert werden“, sagt Prof. Dr. Sonja Bauer, Projektleiterin von Pro.La Fellbach an der OTH Amberg-Weiden. „Deshalb haben wir die Gewerbe- und Landwirtschaftsflächen in Fellbach daraufhin untersucht, wie sie voneinander profitieren und klimaresilienter werden können.“
Synergien zwischen Gewerbe und Landwirtschaft
Die Kleinstadt Fellbach hat ein Gewerbegebiet mit angrenzender Landwirtschaft und ist Teil der IBA’27, der internationalen Bauausstellung in der Stadtregion Stuttgart. „Das macht sie zu einem idealen Forschungsgebiet für dieses Projekt“, erklärt Tanbir Sazid, Mitarbeiter der OTH Amberg-Weiden bei Pro.La Fellbach. Hier finden sich alle Herausforderungen, für die sie im Projekt Lösungen suchen: So sind in Fellbach 67 Prozent versiegeltes Gewerbegebiet. Und dort gibt es große einheitliche Ackerflächen, die derzeit stark künstlich bewässert werden, während im Gewerbegebiet nur wenig Regen versickern kann. „Bislang gibt es noch keine Synergien zwischen Gewerbegebieten und den landwirtschaftlichen Flächen. Die wollen wir finden“, sagt Bauer. Das Potenzial wäre da: In Gewerbeflächen fällt viel Abwasser und Regenwasser an, das die Landwirtschaft wiederum für den Anbau braucht.
Projektpräsentation im Schloss Bellevue
„Wir haben zunächst die Abwassermenge in der Region ermittelt und spezifische Werte über die ansässigen Betriebe abgefragt“, erklärt Sazid. „In diesem Zusammenhang haben wir eine geoinformationsbasierte Analyse durchgeführt.“ Die ersten Ergebnisse dieser Auswertung haben er und das Projektteam in einer interaktiven Karte aufbereitet. Diese visualisiert zahlreiche Daten über das Projektgebiet, etwa zu Oberflächenart, Landnutzung, Wetter und Industriestruktur. Außerdem zeigt sie eine kritische Analyse der Wasserbilanz und die Abwasserkosten für verschiedene Szenarien. Sie hilft damit zu ermitteln, in welchen Bereichen ein Transfer von Regenwasser sinnvoll wäre.
Diese Forschungsarbeit hat auch Bundespräsident Franz-Walter Steinmeier beeindruckt. Während der Woche der Umwelt im Juni stellte die OTH Amberg-Weiden gemeinsam mit der HFT Stuttgart das Projekt im Schloss Bellevue vor. „Ich freue mich sehr, dass unsere Arbeit so viel Aufmerksamkeit bekommt“, sagt Bauer. „Das zeigt, wie wichtig es gerade angesichts des fortschreitenden Klimawandels ist, Ideen für einen verbesserten Wasserkreislauf in Gewerbe und Landwirtschaft zu finden.“ Im September 2024 endet das von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt geförderte Projekt. Die Forschungsarbeit dient dann als Grundlage für weitere Analysen, die am Ende zu konkreten Lösungen und Anwendungen führen können.