Mit Künstlicher Intelligenz zur Energiewende
Die Energiewende zählt zweifelsohne zu den größten Herausforderungen, denen sich unsere Gesellschaft in den nächsten Jahren und Jahrzehnten stellen muss. Mit einem Anteil von 46 Prozent Erneuerbarer Energien am letztjährigen Strommix sind wir zwar auf einem guten Weg, dennoch bleibt Einiges zu tun, um unseren Energiebedarf ganz ohne fossile Energieträger und Atomkraft zu decken. Möglich wird dies nur mit einem intelligenten Zusammenspiel von vielen verschiedenen Technologien und Verfahren. An einem dieser Puzzlestücke arbeitet Prof. Dr.-Ing. Magnus Jaeger von der OTH Amberg-Weiden. Gemeinsam mit seinem Team und der der Firma SAS Softec GmbH forschen sie am Thema „Energy2Go“. Hinter dem Projektnamen verbirgt sich die intelligente Kombination von Mikro-Blockheizkraftwerken (BHKW) und „Power-to-Gas“ – mit dem Ziel die (Elektro-)Mobilität in unser System der Wärme- und Stromversorgung zu integrieren. Herzstück ist dabei ein smartes Mikro-BHKW, welches selbstständig entscheidet, wann es den Betrieb aufnimmt und was mit der erzeugten Energie geschieht: für den Eigenbedarf nutzen oder den Strom gewinnbringend ins Netz einspeisen. Dieses Verfahren entlastet und stabilisiert die Stromnetze – immer unter dem Leitgedanken der regionalen Energiebereitstellung. Aus diesen Gründen wird das vielversprechende Projekt auch vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie gefördert.
Intelligentes Mikro-BHKW erst der Anfang
Wenn es nach Jegor Kern, einem der Projektbeteiligten an der OTH Amberg-Weiden, geht, ist dies aber erst der Anfang: „Das intelligente BHKW eignet sich hervorragend für die Versorgung von Mehrfamilienhäusern. Um das Verfahren aber auf ganze Quartiere oder Stadtviertel anzuwenden, genügt es nicht einfach ein BHKW mit mehr Leistung zu installieren. Hier wird eine sinnvolle Mischung verschiedener Technologien und eine übergeordnete Künstliche Intelligenz gebraucht.“ Sein Ziel ist es deshalb, ein optimales Micro Grid zu designen und den Betrieb unter ökologischen sowie ökonomischen Gesichtspunkten zu optimieren. Ein ehrgeiziges Projekt, aber Jegor Kern ist auch nicht „nur“ irgendein Projektmitarbeiter, sondern Doktorand. Bis voraussichtlich 2022 schreibt er an der OTH Amberg-Weiden bei Prof. Dr.-Ing Magnus Jaeger und an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg seine Doktorarbeit über eben jenes Thema.
Bachelor, Master und (bald) Doktor aus Weiden
Jegor Kern kennt die Hochschule und Professor Jaeger bereits seit er sich 2009 für sein Bachelorstudium „Wirtschaftsingenieurwesen“ in Weiden eingeschrieben hat. Auch nach seinem Abschluss im März 2013 hat er der OTH und Prof. Jaeger nie ganz den Rücken gekehrt. So unterstützte er diesen zum Beispiel im Rahmen der Zusammenarbeit mit den Partneruniversitäten aus Krasnojarsk und Tambov. Durch seine russischen Sprachkenntnisse war er hier ein gesuchter Kontaktpartner für gemeinsame Veranstaltungen mit Austauschstudierenden aus Sibirien und dem westlichen Teil Russlands. “Die Summer Schools mit den Studierenden aus Russland und Deutschland habe ich immer gerne mit betreut, das war mir sogar einen Teil meines Jahresurlaubs wert,“ meint Kern dazu und lacht.
Nach seiner 3-jährigen Industriezeit als Softwareentwickler für Batteriespeichersysteme zog es ihn 2016 schließlich wieder ganz an die Hochschule. Er belegte den forschungs- und wissenschaftsnahen Master „Applied Research in Engineering Sciences“ mit dem Schwerpunkt Energietechnik. In dem „Forschungsmaster“, wie er gerne genannt wird, bearbeiten Studierende ein konkretes Forschungsprojekt und können dafür teils von der Hochschule als Forschungsassistenten angestellt werden. Ein wichtiger Umstand für Jegor Kern: „Da meine Frau zu der Zeit mit unseren zwei Kindern Zuhause war und ich somit Alleinverdiener, hat mir diese 50 Prozent Stelle das Studium erst ermöglicht.“ Auch nach Beendigung des Masterstudiums blieb er als wissenschaftlicher Mitarbeiter weiterhin an der OTH Amberg-Weiden. Zu dieser Zeit begannen Prof. Jaeger und er auch mit der Vorbereitung der Promotion: Forschungsanträge mussten gestellt und die passende Partneruniversität mitsamt Doktorvater gefunden werden. Nach der Finanzmittelzusage für sein Forschungsvorhaben Ende 2019 konnte Jegor Kern dann auch offiziell seine Promotion beginnen.
„Bachelor, Master oder gar Doktor? Als ich 2004, nach meinem Realschulabschluss und Wehrdienst eine kaufmännische Lehre anfing, hätte ich mir niemals träumen lassen, dass ich mal studiere – und erst recht nicht, als ich 1998 mit meinen Eltern und äußerst geringen Deutschkenntnissen aus Kasachstan hergezogen bin,“ sagt Jegor Kern und ergänzt schmunzelnd „vielleicht werde ich ja sogar noch Professor.“ Zuzutrauen ist es ihm auf jeden Fall.
Hochschule und Promotion?
Seit 2015 ist es für Studierende möglich, im Rahmen von Verbundpromotionen an einer Hochschule für Angewandte Wissenschaften und einer Partneruniversität, Doktorarbeiten abzulegen. Dadurch eröffnen sich auch für Hochschulabsolvierende neue Wege in akademische Laufbahnen.