Licht am Ende des Tunnels
Die Oberpfalz hat ja nicht immer den besten Ruf. Assoziationen mit der Region reichen von alternden, aussterbenden Dörfern, über unverständlichen Dialekt bis hin zu kaltem, böhmischem Wind. Tatsächlich war das Gebiet im Norden Bayerns lange Zeit geplagt von Abwanderung und schwacher Wirtschaft. Doch das ändert sich gewaltig.
Ein Bericht über die Entwicklung deutscher Städte und Landkreise hat die nördliche Oberpfalz für kurze Zeit ins Scheinwerferlicht der medialen Aufmerksamkeit gerückt. Denn in dem Ranking haben es zwei Landkreise der Region aufs Treppchen geschafft: Tirschenreuth und Neustadt a. d. Waldnaab. Im Vergleich der dynamischsten Landkreise deutschlandweit belegen sie Platz zwei und drei und haben damit eine außerordentliche Entwicklung hingelegt.[1]
Dunkle Zeiten
Gut, man muss dazu auch sagen: wer mit wenig startet, hat auch viel Luft nach oben. Lange Zeit hatte Ostbayern zu kämpfen: Die einst erfolgreiche Porzellanindustrie fiel dem Strukturwandel zum Opfer. Nach dem zweiten Weltkrieg wurde die Oberpfalz zum ungeliebten Grenzgebiet am Eisernen Vorhang. In den fünfziger Jahren verzeichnete dieser nördliche Teil Bayerns eine hervorstechend hohe Arbeitslosenzahl, Zuwanderer aus östlichen Gebieten verschärften die Wohnungs- und Versorgungssituation. [2] Doch damit ist es nun vorbei: Der bayerisches Ministerpräsident Markus Söder sagte dazu gegenüber der Süddeutschen Zeitung: "Ostbayern hat sich unglaublich entwickelt. Vom Armenhaus zum Raum mit besonderer Hochleistung. Meinen Respekt."[3]
Veränderte Zeiten
Einen großen Anteil an den positiven Entwicklungen tragen die Unternehmen, die sich in der Region niedergelassen haben – oder auch dort entstanden sind: BMW Group Werk in Regensburg, BHS Corrugated Maschinen- und Anlagenbau GmbH in Weiherhammer, WITRON Logistik + Informatik GmbH in Parkstein – nur um Beispiele zu nennen. Betriebe wie diese, sind in den letzten Jahrzehnten stetig gewachsen und haben Arbeitsplätze und Geld in die Region gebracht. Einige sind Weltmarktführer auf ihrem Gebiet und spezialisiert auf zukunftsträchtige Industriezweige wie etwa die Informations-, Medizin- oder Elektrotechnik.
Teil des Erfolgs sind auch die Anstrengungen, die unternommen wurden, um die Region zu fördern. Erstens hat man in den letzten zehn Jahren der Gegend mit über drei Milliarden Euro Gesamtinvestitionsvolumen finanziell unter die Arme gegriffen.[4] Zweitens wurden sieben Gründungszentren in der Oberpfalz aufgebaut, die jungen Unternehmern Starthilfe geben. So bestätigt das Regionalranking von IW Trends, dass „in den erfolgreichen ländlichen Regionen mehr gegründet (29,6 Unternehmensgründungen je 10.000 Erwerbsfähige) [wird] als in den schwächeren Regionen (20,3).“[5] Und drittens wurde auch Ostbayern mit der Schaffung der Hochschulen Amberg-Weiden und Regensburg als Bildungsstandort gefördert. Laut Studie binden Bildungs- und Berufsmöglichkeiten junge Leute an ihre Heimat und verringern das Risiko von Abwanderung.[6] Einzigartige Studiengänge wie Patentingenieurwesen und Medienproduktion und -technik locken zudem noch weitere Menschen in die Region.
Hellere Zeiten
Mit diesen Maßnahmen konnten im letzten Jahrzehnt 64.000 Arbeitsplätze gesichert und 9.000 Arbeitsplätze neu geschaffen werden.[7] So hat die Oberpfalz im Juni 2020 im Vergleich mit den anderen bayerischen Regierungsbezirken mit 3,4 Prozent die geringste Arbeitslosenzahl verzeichnet.[8] Vor zwanzig Jahren lag die Zahl noch bei rund 8,5. Nur Mittel- und Oberfranken hatten damals noch etwas schlechtere Zahlen vorzuweisen.[9]
Diese positive Entwicklung macht auch Hoffnung für die Zukunft. Der IW Trend prognostiziert eine positive Bevölkerungsentwicklung in den dynamischen Landkreisen. Junge Leute würden in das ländliche Gebiet ziehen, weil sie dort nicht nur Arbeit finden, sondern auch eine hohe Lebensqualität erwarten dürfen.[10] Außerdem schreiben die Macher der Studie: „[Es] gelingt […] Regionen mit hohem Entwicklungsniveau, Rahmenbedingungen zu schaffen, die wirtschaftliche Dynamik und Wohlstand sichern. Dies betrifft nicht nur die bereits vorhandenen Wirtschaftsstrukturen und Charakteristika der Bestandsunternehmen, sondern auch die zukünftige Entwicklung der regionalen Unternehmenslandschaft.“[11] Positive Aussichten also – ein helles Licht am Ende des Tunnels.
[1] IW-Trends – Vierteljahresschrift zur empirischen Wirtschaftsforschung aus dem Institut der deutschen
Wirtschaft Köln e.V., 47. Jahrgang, Heft 2/2020
[2]https://www.sueddeutsche.de/bayern/ostbayern-vom-armenhaus-zur-staerksten-wirtschaftsregion-in-europa-1.3942233, 11.07.2020, 13.11 Uhr
[3]https://www.sueddeutsche.de/bayern/ostbayern-vom-armenhaus-zur-staerksten-wirtschaftsregion-in-europa-1.3942233, 11.07.2020, 13.11 Uhr
[4]https://www.regierung.oberpfalz.bayern.de/regierungsbezirk/wirtschaft/index.html, 11.07.2020, 12.55 Uhr
[5] IW-Trends – Vierteljahresschrift zur empirischen Wirtschaftsforschung aus dem Institut der deutschen
Wirtschaft Köln e.V., 47. Jahrgang, Heft 2/2020. Seite 83
[6] IW-Trends – Vierteljahresschrift zur empirischen Wirtschaftsforschung aus dem Institut der deutschen
Wirtschaft Köln e.V., 47. Jahrgang, Heft 2/2020. Seite 83
[7]https://www.regierung.oberpfalz.bayern.de/regierungsbezirk/wirtschaft/index.html, 11.07.2020, 12.55 Uhr
[8] Bayerisches Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie: Arbeitsmarktbericht Bayern Juni 2020, S. 7
[9] Bayerisches Staatsministerium fürWirtschaft, Energie und TechnologieBayerisches Landesamt für Statistik: 100 JAHRE BAYERNS WIRTSCHAFTEINE ERFOLGSGESCHICHTE Juni 2018, S. 22
[10] IW-Trends – Vierteljahresschrift zur empirischen Wirtschaftsforschung aus dem Institut der deutschen
Wirtschaft Köln e.V., 47. Jahrgang, Heft 2/2020. Seite 84
[11] IW-Trends – Vierteljahresschrift zur empirischen Wirtschaftsforschung aus dem Institut der deutschen
Wirtschaft Köln e.V., 47. Jahrgang, Heft 2/2020. Seite 83