Professor Ralf Krämer im Interview: „Meines Wissens nach hat es keiner bereut“ – ein berufsbegleitendes Bachelorstudium
Arbeiten und trotzdem Studieren. Beides gleichzeitig geht mit einem berufsbegleitenden Studium. Eine große, unpersönliche Fernuniversität braucht es dafür nicht, auch die OTH Amberg-Weiden bietet mit dem berufsbegleitenden Bachelor in Handels- und Dienstleistungsmanagement bereits seit vielen Jahren ein solches Studium an. Professor Ralf Krämer leitet diesen Studiengang und erzählt in einem Interview mehr darüber.
Professor Krämer, ist ein Studium unabdingbar, wenn ich beruflich aufsteigen will?
Krämer: Es ist auf jeden Fall sehr sinnvoll.
Warum?
Krämer: Es ist eine sehr gute Möglichkeit für Leute, die bisher kein Studium haben, zu einem Studienabschluss zu kommen. Gerade, wenn man im späteren Berufsleben aufsteigen und Karriere machen möchte, dann wird das irgendwann ohne ein abgeschlossenes Studium sehr schwierig.
Und warum dann ein berufsbegleitendes Studium?
Krämer: Ein berufsbegleitender Bachelorstudiengang hat den Vorteil, dass die Studierenden nach wie vor ihrer beruflichen Tätigkeit nachgehen können. Das heißt sie sind unabhängig und arbeiten weiter an ihrer Karriere. Normalerweise wären sie ja in dieser Zeit nur an der Hochschule, würden kein Geld verdienen. Und hier können sie eben beides kombinieren.
Und wie genau sieht diese Vereinbarkeit von Arbeit und Beruf dann aus?
Krämer: Das Studium ist so aufgebaut, dass es auf die Berufstätigkeit Rücksicht nimmt. Das heißt, wir wissen genau, dass die Studierenden von Montag bis Freitag ihrer Arbeit nachgehen und entsprechend sind dann die Lehrveranstaltungen am Freitag ab 16 Uhr und am Samstag.
Ein solches Studium verlangt also schon einiges an Engagement ab.
Krämer: Auf alle Fälle ist das anstrengend. Es kommen diese Unterrichtszeiten dazu, der Stoff muss nachgelernt werden und wenn die Klausur dann stattfindet, muss man auch noch einmal eine entsprechende Lernphase einplanen. Das erfordert schon Disziplin. Häufig wird das von Leuten gemacht, die schon immer ein bisschen was neben dem Beruf gemacht haben – vielleicht einen Fachwirt bei der IHK. Der Bachelor umfasst neun Semester, dauert also etwa 4 ½ Jahre. Natürlich kann das eine lange Zeit sein, aber wenn man sagt: nach 4 ½ Jahren habe ich den Abschluss dann in der Tasche und mache natürlich in meinem Beruf einen größeren Fortschritt, dann nehmen doch sehr viele diese vorübergehende doppelte Belastung in Kauf.
Haben Sie den Eindruck berufsbegleitende Studenten sind motivierter als „normale“ Studenten?
Krämer: Ja, man merkt deutlich, dass sie wissen, was sie erreichen wollen. Sie haben in ihrer beruflichen Laufbahn bisher gesehen: okay, ich könnte eigentlich mehr schaffen und was ich im Augenblick mache ist zwar ganz nett aber es gibt auch noch interessantere Tätigkeiten und um die ausüben zu können, da bräuchte ich ein Studium. Das ist die Sichtweise der Studierenden und deswegen nehmen sie diese doppelte Belastung im Kauf. Es gibt aber nach wie vor auch Freizeit für Studierende in unserem berufsbegleitenden Studiengang. Wir haben vorlesungsfreie Zeiten. Die Leute brauchen keine Angst haben, dass sie 4 ½ Jahre keine Minute Freizeit mehr haben.
Unterstützend die Unternehmen ihre Mitarbeiter*innen bei einem solchen berufsbegleitendem Studium?
Krämer: Aus Sicht der Unternehmen ist es unterschiedlich. Viele Studierende sprechen sich durchaus mit dem Unternehmen ab und sagen ich würde das gerne machen. Es beeinträchtigt ja das Unternehmen zunächst nicht. Viele Unternehmen begrüßen es auch, wenn sich die Leute weiterbilden wollen und manche beteiligen sich auch finanziell. Auf der anderen Seite gibt es auch Studierende, die sagen, das mache ich jetzt für mich, ich informiere den Arbeitgeber nicht und nehme das alles auf die eigene Kappe. Vielleicht sind sie mit ihrem Arbeitgeber aktuell auch nicht so glücklich und wollen wo anderes hin.
Wenn ich jetzt mit dem Gedanken spiele, so ein berufsbegleitendes Studium zu absolvieren, was muss ich da beachten? Hätten Sie da irgendwelche Tipps?
Krämer: Der erste Tipp ist, dass sie eine Informationsveranstaltung von der Hochschule zu dem Thema besuchen. Da wird der ganze Studiengang vorgestellt. Da kann man sich mit den Vortragenden austauschen und viele Fragen vor Ort klären. Was ich sonst noch empfehlen kann, ist, dass sie durchaus in jungen Jahren gleich damit anfangen. Das heißt, wenn sie ihre Ausbildung abgeschlossen haben, vielleicht auch bei der IHK einen Fachwirt gemacht haben – dass sie dann gleich im Anschluss weitermachen. Man sollte nicht sagen: ich bin noch zu jung, sondern man sollte durchaus, wenn man Interesse hat beruflich voranzukommen, mit dem Studium zügig beginnen.
Es sind ja sicherlich auch viele dabei, die sich nicht über ein Abitur, sondern über ihre berufliche Tätigkeit für ein Studium qualifizieren. Stehen die dann vor besonderen Herausforderungen, beispielsweise in Mathematik?
Krämer: Es gibt natürlich bei uns einige Fächer die etwas schwieriger und andere die einfacher sind. Zu den schwierigen wird von manchen Mathe gerechnet. Da kann es sein, dass diejenigen, die kein Abitur haben zunächst Schwierigkeiten haben. Aber da haben wir gute Lehr- und Lernmittel. Wir hatten beispielsweise schon vor Corona Erklärvideos im Einsatz. Es gibt Tutorien, bei denen jemand noch einmal extra Beispiele mit den Leuten rechnet. Auch bei Englisch könnte es sein, dass sie am Anfang noch ein paar Schwierigkeiten haben, weil da auf ein gewisses Englischniveau aufgebaut wird. Aber auch das lässt sich bewältigen. Und letztendlich hat bei uns wegen Englisch oder Mathe niemand aufgehört. Und umgekehrt muss man sagen, dass es Fächer gibt, bei denen Leute, die eine Ausbildung gemacht haben, deutlich im Vorteil sind. Zum Beispiel Bilanzlehre, das ist etwas was die schon viele Jahre hatte und das fällt umgekehrt wieder Leuten schwer, die vom Gymnasium kommen und mit Buchführung bisher kaum etwas zu tun hatten.
Sie sagten gerade, wegen Mathe und Englisch habe noch niemand aufgehört. Was sind dann die häufigsten Gründe das Studium aufzugeben?
Krämer: Wenn es tatsächlich dazu kommt, dass die Leute das Studium nicht mehr fortsetzen, dann ist es oftmals die zeitliche Belastung, die ihnen dann doch zu groß wird. Insbesondere wenn sie schon Kinder zuhause haben und sich mehr um die Familie kümmern wollen oder müssen. Und dann kann es schon passieren, dass sie sagen, der zeitliche Aufwand ist mir zu hoch und ich kann das neben dem Beruf nicht unterbringen.
Wenn ich jetzt an berufsbegleitendes Studium denke, fallen mir zuerst diese großen Fernuniversitäten ein. Was unterscheidet ein berufsbegleitendes Studium dort von einem an der OTH Amberg-Weiden?
Krämer: Bei der OTH haben wir kleine Gruppen. Das heißt die Gruppengröße liegt vielleicht zwischen fünf und zehn Leuten. Da kann man schön individuell arbeiten. Normalerweise haben wir ja auch Präsenzunterricht. Bei den Fernuniversitäten ist es häufig so, dass man Unterlagen zugeschickt bekommt, dann muss man die selbst durcharbeiten, irgendwelche Aufgaben selbstständig lösen und wieder einsenden. Wir sind da mehr auf gegenseitiges Lernen ausgerichtet an unserer Hochschule.
Finden Sie es sollte an der Hochschule mehr berufsbegleitende Angebote geben?
Krämer: Ja, über viele Jahre war im Bachelorbereich nur das Angebot Handels- und Dienstleistungsmanagement berufsbegleitend. Es sind jetzt ein paar Neue in der Entwicklung. Da sollte es durchaus mehr Angebote geben, auf alle Fälle.
Welche Rückmeldung bekommen Sie von Absolventinnen und Absolventen?
Krämer: Von denen Absolventen hat es meines Wissens nach keiner bereut und alle haben sich dann auch verbessern können. Manchmal bieten die Firmen den Studierenden schon höherwertige Jobs an, wenn die noch gar nicht ganz fertig sind mit dem Studium, wenn sie sehen, der strengt sich an und macht in einem Jahr seinen Abschluss. Dann bekommen sie oftmals schon interessante Jobs, die sie sonst nicht bekommen hätten.
Wer jetzt neugierig geworden ist, kann Professor Krämers Rat folgen und eine Informationsveranstaltung der Hochschule zum berufsbegleitenden Studiengang besuchen. Weitere Informationen gibt es auch auf der Homepage von OTH Professional. Außerdem stünden natürlich auch Professor Krämer und seine Kolleg*innen immer sehr gerne für Fragen zur Verfügung.